Saugrohrauslegung

Allgemeine Technikfragen und -lösungen, sowie Selbstgebautes.
Antworten
argios
Beiträge: 3
Registriert: Fr 26. Jan 2018, 10:25

Saugrohrauslegung

Beitrag von argios »

Hallo zusammen,
da der alte Motor meines "Freizeitfahrzeuges" (Eigenkonstruktion mit ein paar Freunden) defekt ist, habe ich mich aufgrund der Abmaße, Leistung etc. für den Motor einer verunfallten BMW R1200ST entschieden und möchte diesen gern in das Fahrzeug einbauen. Leider muss ich dazu auch die Airbox und die Saugrohre neu gestallten und hab dabei ein kleines Verständnisproblem. Die Theorie in der Auslegung eines Saugrohres ist mir bekannt, dass die Luft als Unterdruckwelle zunächst am geschlossenen Ventil reflektiert wird und zurück zur Airbox läuft. Am offenen Ende, also bevor die Airbox anfängt wird diese wieder reflektiert und läuft nun als Überdruckwelle zurück in Richtung des nun (hoffentlich) offenen Ventils, wodurch ein höherer Füllgrad erreicht werden kann.
Beim Boxermotor der R1200ST ist die Drosselklappe und das Einspritzventil zwischen Airbox und Zylinder (bzw. Einlassventil) verbaut. Nun meine Frage, muss ich bei der Auslegung der richtigen Saugrohrlänge, also das die Überdrückwelle zum richtigen Zeitpunkt am Einlassventil ankommt den Weg zwischen Drosselklappe und Einlassventil oder den Weg zwischen Airbox und Einlassventil berücksichtigen? Da die Drosselklappe ja quasi im Weg steht, müsste die Luftwelle doch bereits dort reflektiert werden oder sehe ich das ganze falsch?

Ich bedanke mich jetzt bereits für eure Hilfe,
Beste Grüße
argios
Benutzeravatar
gerd_
Beiträge: 3739
Registriert: So 17. Jun 2012, 20:40

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von gerd_ »

Hi
Solange die DK offen ist steht sie nicht im Weg.
Darüber hinaus berührt Deine Frage das Problem zwischen Theorie und Praxis.
In der Theorie steht nichts im Weg (deshalb keine Klappen sondern Schieber bei den Rennmotoren) und die Wirkung ist für exakt eine (Nenn-)Drehzahl berechnet.
In der Praxis muss man einen Kompromiss für ein Drehzahlband wählen.
In der Theorie sind die Ansaugrohre auch nicht gebogen, das Volumen der Airbox ist auf die Zylinderzahl und den Hubraum abgestimmt und auch ein Luftfilter ist nicht vorgesehen.
Deshalb eben nur die Tendenzen: Kurz und dick für Vollgasathleten auf der Renne denen "Halbgas" und "Teillast" unbekannt ist, länger und dünner für die Schlammkriecher und Reisenden denen es lieber ist vernünftige Übergänge und ein angenehmes Fahrverhalten zu haben als das letzte PS auszuquetschen um "auf der langen Geraden" doch noch am 500 g leichteren Gegner vorbei zu kommen.
gerd
Vollkommenheit entsteht offenbar nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.
Antoine de Saint=Exupéry
argios
Beiträge: 3
Registriert: Fr 26. Jan 2018, 10:25

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von argios »

Vielen Dank, für seine ausführliche Antwort und Erklärung! Dann werd ich für die Auslegung die Länge zwischen Airbox und Einlassventil nehmen und so tun als wäre die Drosselklappe nicht da.

Die Tatsache mit dem Drehzahband und das es theoretisch nur für eine einzige Drehzahl gültig ist, ist mir bekannt. Ich würde das ganze so auslegen, dass bei Nenndrehzahl die maximale Luftmenge zur Verfügung steht und für die Praxis sollte das dann doch ungefähr passen?

Gruß
Argios
Benutzeravatar
gerd_
Beiträge: 3739
Registriert: So 17. Jun 2012, 20:40

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von gerd_ »

Hi
In der Praxis bist Du dann bei der Auslegung der S bzw RS/RT. Etwa 3 PS mehr in der Spitze und einen "schlechten" Drehmomentverlauf in der Mitte.
Bei der GS ist das genau anders herum. Gut in der Mitte und nach oben etwas zäh. Man kann eben nicht allen Herren dienen (oder man macht ein automatisch verstellendes Saugrohr).
Gibt's bei BMW serienmässig zu kaufen und Du brauchst das Rad nicht erfinden.
Bessere Abstimmung erfordert Prüfstandsarbeit. Auch da kommst Du zu spät
Die S-"Gilde" hat das in zig Prüfstandsläufen verfeinert und irgendwer vertreibt auf die Praxis abgestimmte Saugrohre unter dem Begriff "Boxer-Burner".
gerd
Vollkommenheit entsteht offenbar nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.
Antoine de Saint=Exupéry
argios
Beiträge: 3
Registriert: Fr 26. Jan 2018, 10:25

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von argios »

Es soll ja auch eher eine kleine Bastelarbeit, als ein komplett wissenschaftlich durchdachte Auslegung. Von dem her hast du mir mit dem ersten Post schon sehr weitergeholfen!

Gruß
Argios
teileklaus
Beiträge: 3007
Registriert: Mo 3. Sep 2012, 20:51
Modell: R1200R 2012, 58500 km, 142NM
Teileklaus BIG Bore Macher
Wohnort: 74821 Mosbach/ Baden

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von teileklaus »

Gerd , das was du meinst ist das nicht eher die 1150 er Typen betreffend? GS Lang und dünn, Rs Kurz und dick?
nimm die Originale R12 Airbox und Verrohrung dann hast du 110 PS.
Selbst die Form des Trichters und dessen Größe ist entscheident, wie das dann funktioniert.
Wenn es halbwegs was bringen soll bei der 12 er, dann braucht es die Rolle und Lambdamessung.
Ludger hat zig Versionen gegossen bis er für die 1150 er brauchbare Paare hatte.
Für 5 PS lohnt probieren nicht. Selbst der Schnorchel und dessen Länge ist Leistungsbestimmend.
viel Grüße, Klaus
Benutzeravatar
gerd_
Beiträge: 3739
Registriert: So 17. Jun 2012, 20:40

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von gerd_ »

Hi
teileklaus hat geschrieben: Fr 26. Jan 2018, 23:10 Gerd , das was du meinst ist das nicht eher die 1150 er Typen betreffend? GS Lang und dünn, Rs Kurz und dick?
Ja, aber die Logik gilt generell. Bei den 11x0 ist sie sehr ausgeprägt.
teileklaus hat geschrieben: Fr 26. Jan 2018, 23:10 Selbst die Form des Trichters und dessen Größe ist entscheident, wie das dann funktioniert.
Wenn es halbwegs was bringen soll bei der 12 er, dann braucht es die Rolle . .
Ludger hat zig Versionen gegossen bis er für die 1150 er brauchbare Paare hatte.
Für 5 PS lohnt probieren nicht. Selbst der Schnorchel und dessen Länge ist Leistungsbestimmend.
Sag' ich ja. Theorie und Praxis.
Natürlich ist das Selbermachen interessanter als das Kaufen. Doch grad' auch in diesem Fall braucht man zur Bestätigung einen Leistungsprüfstand. Kann man natürlich "irgendwo hingehen" (und arm werden). Die Methode "ich spüre dass . . ." funktioniert einfach nicht.
Das optimale Volumen des LuFikastens lässt sich ohnehin nicht realisieren. Je weniger Zylinder desto grösser. Bei einem 2Zyl ist es ungefähr das 13-fache des Hubraums.
gerd
Vollkommenheit entsteht offenbar nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.
Antoine de Saint=Exupéry
teileklaus
Beiträge: 3007
Registriert: Mo 3. Sep 2012, 20:51
Modell: R1200R 2012, 58500 km, 142NM
Teileklaus BIG Bore Macher
Wohnort: 74821 Mosbach/ Baden

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von teileklaus »

Gerd was wäre an Füllungsplus bei einer 15,6 Liter Airbox zu erwarten? Tank runter Airbox rein? F800 lässt grüßen.
viel Grüße, Klaus
Benutzeravatar
gerd_
Beiträge: 3739
Registriert: So 17. Jun 2012, 20:40

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von gerd_ »

Hi
teileklaus hat geschrieben: Sa 27. Jan 2018, 09:31 Gerd was wäre an Füllungsplus bei einer 15,6 Liter Airbox zu erwarten? Tank runter Airbox rein? F800 lässt grüßen.
Das theoretische Optimum. :-)
Ich weiss es nicht in Zahlen. Ist schon eine Weile her, dass ich mich durch Stapel von wissenschaftlichen Ausführungen gelesen und dabei festgestellt habe: Volumen zu gross. Wenn ich mich richtig entsinne waren zwischen "richtigem Volumen" und der Hälfte davon nur ganz wenige Prozente.
Nachdem es aber auch auf die Form des Volumens ankommt (Kugel oder "28m langes Rohr") hab' ich das nicht gespeichert.
gerd
Vollkommenheit entsteht offenbar nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.
Antoine de Saint=Exupéry
teileklaus
Beiträge: 3007
Registriert: Mo 3. Sep 2012, 20:51
Modell: R1200R 2012, 58500 km, 142NM
Teileklaus BIG Bore Macher
Wohnort: 74821 Mosbach/ Baden

Re: Saugrohrauslegung

Beitrag von teileklaus »

jaja, nix genaues, Gruß an Herrn Helmholtz..
viel Grüße, Klaus
Antworten