Neuanschaffung

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Amadeus4
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Neuanschaffung

Beitrag von Amadeus4 »

Hallo
Ich bin neu im Forum und Komme aus Bad Urach. Ich habe eine kleine Sammlung von Motoräder( BMW S 1000r; Yamaha FZR 1000 bzw. 600;
Yamaha SRx 600 und Honda GB 500 Clubman).
Jetzt möchte ich mir noch unbedingt einen Boxer zulegen. Habe mir auch schon je ein gebrauchtes Modell ausgesucht, allerdings beide ohne ABS
da ich von der Problematik des ABS gehört bzw. gelesen habe. Das eine Motorrad ist eine 850 r 75000 km EZ 1997( mein Favorit weil bei mir in der Nähe) und R1100r EZ 95 mit 76000km. Ich denke die Laufleistung ist bei beiden Bikes kein Problem. Alternativ würde ich mir auch eine mit ABS suchen, wobei meines Wissens Unterschiede zwischen verschiedenen Generationen des BMW ABS gibt. Vielleicht kann mir jemand vom Forum
einen Tip geben.
VG
von der schwäbischen Alb
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GSA1
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von GSA1 »

Willkommen im Forum aus Österreich!


Wünsche viele SCHÖNE und UNFALLFREIE Kilometer! :thumb:


LG
Bertl
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Taurus1
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von Taurus1 »

Die R1100R und R850R gleichen Baujahres haben das ABS II.
Die R1150R und R850R gleichen Baujahres haben das ABS III, auch Integral-ABS oder I-ABS genannt.

Letzteres hat, wie der Name schon sagt, eine Integral-Bremsfunktion, das heißt: bei betätigen der Handbremse bremst es hinten mit.
Außerdem, und das ist der Knackpunkt, und manchmal auch der Problempunkt, hat das I-ABS einen elektronischen Bremskraftverstärker. Wie der Name schon sagt, verstärkt er die Bremskraft, man kann im Prinzip mit ein oder 2 Fingern eine brachiale Bremsung hinlegen. Die meisten kommen damit prima klar, manch einer hat Probleme mit der Dosierbarkeit (ich gehörte da auch dazu).
Außerdem gibt es auch einen Überschlagsschutz. Der kann auch seine Eigenheiten haben, die meisten kommen damit prima klar, manch einer hat Probleme damit (ich gehörte da auch dazu).

Was bedeutet das genauer?
Beide Bremssysteme, bzw. die Motorräder, in denen sie verbaut sind, haben mittlerweile schon ein paar Jahre auf dem Buckel. In Abhängigkeit von Wartung, Gebrauch, Fahrstrecke und -weise kann es da auch mal zu Schäden kommen. Auch bei anderen Herstellern nicht ganz unbekannt.

Beim ABS II passiert im Schadensfall folgendes: Die Antiblockierfunktion fällt aus, die Bremse bremst weiterhin " normal" wie eine herkömmliche Bremse, und wie bei einer solchen können nun halt auch die Räder blockieren.
Vermutlich leuchten Warnlampen im Cockpit, neuer TÜV erst nach (teuerer) Reparatur. Man kann aber so noch bis zur Reparatur weiter fahren, sollte aber entsprechend aufpassen.

Beim Integral-ABS wird im Fehlerfall (je nach Fehler) ein oder beide Bremskreise auf Restbremsfunktion gesetzt. Das heißt die Bremskraftunterstützung fällt weg. Laienhaft erklärt wird durch irgendwelche Ventile und Bohrungen im Hydraulikblock die Bremskraft ohne Servounterstützung von den Bremszylindern direkt an die Bremskolben gegeben.
Nun zum angesprochenen Knackpunkt: In diesem Fall bremst das Motorrad im entsprechenden Bremskreis nur noch mit Restbremskraft, diese beträgt aber nur das gesetzliche Mindestmaß und liegt bei ca. 10% Bremskraft. Diese liegen aber auch erst nach erweitertem Hebelweg an, gefühlt erst wenn man den Bremshebel bis Anschlag zieht/tritt.
Neuer TÜV erst nach (teuerer) Reparatur. Aus offensichtlichen Gründen sollte man so auf keinen Fall fahren.

Nun sind 10% Bremskraft nicht wirklich viel...
Ein solcher Ausfall kündigt sich mit Glück beim Selbstest beim einschalten und losfahren schon an, und man wird mit blinkenden Warnlampen darauf hingewiesen. Es kann aber auch passieren, das beim Bremsen während der Fahrt ein Fehler auftritt, und der Bremskraftverstärker von jetzt auf gleich ausfällt.
Das muss nicht, kann aber böse Enden.

Leider gibt es keine Statistik, wie oft welches System ausfällt, ob mit oder ohne ernsthafte Folgen.

Bis hierhin der objektive Teil, da gibt es nicht viel dran zu rütteln. In der Regel fangen hier in jedem Thread die teils sehr subjektiv geführten Diskussionen an.

Es gibt einige, die Sagen, gemessen an der Zahl der verkauften Maschinen ist die Zahl der Ausfälle vernachlässigbar. Passiert nur bei nichtgebrauch des ABS, schlechter Wartung, zu wenig Fahrleistung....
Es gibt andere (darunter zählen auch BMW Mechaniker, mit denen ich mich über das Thema unterhalten habe), die sagen: Die Frage ist nicht ob, sondern wann das ABS ausfällt. Die Maschinen sind einfach schon über 20 Jahre alt.
Das Thema ist auch schon seit 2006 oder 2007 ein Thema in den diversen BMW-Foren, als die Systeme noch relativ jung waren. Es wurde auch schon öfter in der Fachpresse behandelt. Bei einem Gebrauchttest der Rockster ging die Zeitung "Motorrad" sogar so weit eine Empfehlung für Rockster (und 1150R) ohne ABS auszusprechen. Leider weiß ich die Ausgabe nicht mehr.

In Deutschland (und dem restlichen deutschsprachigen Raum) neigte die Erstkäuferschaft dazu, alle Häkchen bei der Ausstattung zu setzen. Deshalb findet man hier auch fast ausschließlich Modelle mit ABS. Wird eines ohne ABS angeboten, sollte man erfragen, ob die Maschine serienmäßig "mit ohne" ist, oder eventuell umgerüstet wurde. In dem Fall muss die Umrüstung auch zwingend eingetragen sein!
Findet man nur ABS Maschinen, könnte man auch günstig eine mit defektem ABS kaufen, und dieses ausbauen und austragen lassen. Die Kosten bei Selbstausbau belaufen sich auf unter 300 Euro inkl. Abnahme und neuem Schein, man sollte sich aber VORHER einen Prüfer suchen, der der Abnahme positiv gegenübersteht und dies durchführt.

Man kann es natürlich auch reparieren lassen. Bei BMW neuer I-ABS Block mit Einbau 2000+ Euro. Überholter Block von RH-Electronic mit Einbau 1500+ Euro. Wenn da jetzt noch eine neue Kupplung dazu kommt, und vielleicht noch ein Satz Reifen, sind wir schnell beim wirtschaftlichen Totalschaden. Deswegen landen die Maschinen mit ABS-Schaden auch relativ oft beim Verwerter.
Je nach Fehler gibt es aber auch in diesem Forum einige (wenige) die so ein System reparieren können.

Die Bremse funktioniert auch nach ABS-Ausbau einwandfrei. Nur mit kaputtem I-ABS eben fast nicht.
Zuletzt geändert von Taurus1 am So 10. Dez 2023, 17:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Taurus1
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von Taurus1 »

Ich habe mich bemüht, obigen Beitrag möglichst sachlich zu erstellen. Erfahrungsgemäß gehen aber jetzt die Diskussionen los.

Mögen die Spiele beginnen...
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Jan
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von Jan »

:thumb:

..sachlich, und aus heutiger Sicht sehr informativ für Interessierte für diese Modellreihen
Danke!

Und willkommen hier im Forum!

(Und falls sich mein I-Abs verabschieden sollte, sind die Kosten für Umbau auf "ohne" wirklich überschaubar)

Grüßle von Zabergäu!
Amadeus4
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von Amadeus4 »

Vielen Dank für die detaillierte Antwort
Gruß Gunter
Taurus1
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von Taurus1 »

Vielleicht der Ordnung halber noch ein Nachklapperer:

Ich habe oben überwiegend von den Problemen geschrieben.
Man muss aber auch dazu sagen:
BMW war absoluter Vorreiter mit ABS bei Motorrädern, die Bremsen gehörten seinerzeit zu den besten, die es gab. Und sind auch heute noch nicht schlecht.
Natürlich sind heute die Regelintervalle kürzer, Kurven-ABS usw.
Aber wer will schon immer nur den neumodischen Kram fahren?
Und eine gut gepflegte R1100R, R850R, R1150R und R1100S, vor allem Rockster (weil seltener) fallen auch heute noch auf.

Fazit: Es kann sein, dass das ABS kaputt geht, muss aber nicht zwingend passieren.
Trotzdem blöd, wenn doch.
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MartinV
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von MartinV »

Hi Amadeus4,

meine 850R ist EZ 2004 und hat das Integral-ABS.

Die ersten Bremsungen waren zugegebenermaßen ziemlich brachial (war vorher ausschließlich ohne ABS und Verstärker unterwegs...), man kann sich aber dran gewöhnen und mit der Zeit das nötige Fingerspitzengefühl entwickeln.

Das ABS muss regelmäßig gefordert werden und mit einem jährlichen Bremsencheck beim Freundlichen sinkt das Risiko einer bösen Überraschung.

Gruß vom Main an die Erms

MartinV
Amadeus4
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Re: Neuanschaffung

Beitrag von Amadeus4 »

Danke für den Tipp.
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